Geschichte der Freiwillige Feuerwehr Eppstein/Ts. 1920-1970
Wer die Chronik einer Freiwilligen Feuerwehr schreibt, beschriftet ein Ehrenblatt jener Bürger, die für den Nächsten »durch das Feuer gehen«. Er muß menschenfreundliches Tun lobend hervorheben und mahnend schreiben, daß eine gut ausgerüstete Wehr die beste Brandversicherung ist. Wenn der »rote Hahn« kräht, wenn Feuerglocke, Signalhorn oder Sirenen durch das Tal warnen, so entsteht, wie in allen Jahrhunderten zuvor, ein großes Unbehagen, die Angst vor den elementaren Mächten der Natur.
1920
Der erste Weltkrieg war gerade zu Ende. Vieles, was vorher selbstverständlich, wurde fragwürdig. So waren auch die Schwierigkeiten, die vorhandene Pflichtfeuerwehr aktionsfähig zu halten, immer größer geworden. Trotz Druck der Ortspolizeibehörde erschienen immer weniger Verpflichtete zu den »befohlenen« Übungen am Spritzenhaus im Rathaus an der Talkirche.
Es mußte etwas geschehen, um den Feuerschutz in Eppstein zu gewährleisten. Die Initiative, eine Freiwillige Feuerwehr zu gründen, ging von Max Bauer, einem Neubürger, aus, der wohl die Notwendigkeit deutlicher aussprechen konnte als ein Alteingesessener. Es waren, wie in allen Zeiten vorher, oft die persönlichen Zu- und Abneigungen, das subjektive »Für und Wider«, die Haarspaltereien, die eine Lösung des wichtigen Problems erschwerten und behinderten.
Max Bauer war unvoreingenommen und sachlich. Er erklärte, daß es besser sei, etwas freiwillig zu tun, als zu einer Pflicht gezwungen zu werden. Auch würde durch eine sachgemäße Ausbildung die Einsatzkraft wesentlich gestärkt und die vorhandenen Geräte geschont. Die Männer sollten Fachleute werden und ihr Handwerk verstehen. Optimistisch erklärte er, daß sich viele Eppsteiner melden würden, stellte man die Aufgabe, dem Nächsten zu helfen, in den Vordergrund der Bemühungen.
Am 8. Juni 1920 konstituierte sich im Gasthaus »Zum Taunus« die Freiwillige Feuerwehr Eppstein. Der Abend wurde für Max Bauer ein großer Erfolg. Begeistert schrieben sich 30 Eppsteiner Bürger in die Liste ein und wählten ihren ersten Vorstand. Vorsitzender wurde Max Bauer, der bis zu seinem Tode ein treuer und beharrlicher Förderer des Feuerlöschwesens geblieben ist. Ortsbrandmeister und Kommandant blieb der bisherige Führer der Pflichtfeuerwehr Georg Sauer II. Zum 2. Brandmeister wählte die Versammlung Wilhelm Fischer, der im Kriege als Berufsfeuerwehrmann reiches Wissen und große Erfahrung sammeln konnte.
Der Neubeginn brachte die traurige Bestandsaufnahme, daß die Geräte durch unsachgemäße Behandlung und Überalterung in einem erbärmlichen Zustand waren. Der Wunsch nach einer moderneren Ausrüstung war gerechtfertigt. Das Spritzenhaus war schon in jenen Tagen viel zu klein. Aber die finanzielle Not jener Tage war riesengroß. Mit einer baldigen Lösung dieser Probleme war nicht zu rechnen.
Am 12. Oktober 1921 trat der verdiente Ortsbrandmeister Georg Sauer von seinem Amt zurück. Wilhelm Fischer wurde Erster Brandmeister. Von dem Titel »Kommandant« nahm die Versammlung Abstand. Die Feuerwehr wählte Wilhelm Mahr zu ihrem Zweiten Brandmeister. Die Widerstände wuchsen. Improvisation wurde groß geschrieben. Der Vorstand war bemüht, neue Mitglieder zu werben. Die Arbeitslosigkeit nahm ungeahnte Formen an. Die Regierung hatte den passiven Widerstand ausgerufen. Immer mehr erlahmten Handel und Wandel. Es war eine so traurige Zeit, daß es verwundert, unsere Feuerwehr immer noch recht aktiv zu finden.
17. August 1924: Bürgermeister Münscher bestätigte Wilhelm Mahr als Ortsbrandmeister. Der neue Mann an der Spitze versuchte mit viel eigenem Einsatzwillen, die Wehr mit Uniformen auszustatten. Bei einem Gründungsfest unter Mithilfe von Franz Tochtermann konnte ein guter Reinerlös verzeichnet werden. 1927 begann ein harter Kampf um eine zeitgemäße Motorspritze. Hier schaltete sich der neue Bürgermeister Fritz Maul sehr aktiv in das Geschehen ein, damit dieser Wunsch endlich erfüllt werden konnte.
Allerlei Neuerungen
Das große Geheimnis, warum die Männer der Freiwilligen Feuerwehr trotz all dieser Widerstände zusammen blieben, war das praktizierte Motto:
»Alle für einen und einer für alle«.
Die Kameradschaft und die überpersönliche Aufgabe waren ein unzerreißbares Band geworden. Was Wilhelm Mahr 1924 erstrebte, ging endlich am 5. April 1928 in Erfüllung. Die Feuerwehr bekam ihre Uniformen und konnte am 18. November des gleichen Jahres in neuer Montur die Motorspritze von der Gemeindeverwaltung im Schulhof übernehmen. Das Jahr 1929 brachte neben einem Schlauchwagen eine kleine Einnahme für die Wehr.
Bisher war das Horn Alarmmittel. Auch die Gustav-Adolf-Glocke der Talkirche wurde geläutet, wenn ein Feuer ausgebrochen war. Nun wollte die Geschäftsleitung der Stanniolfabrik in Zeiten der Not die Fabrikspfeife betätigen.
Am Pfingstfest 1930 feierte die Freiwillige Feuerwehr ihr 10. Stiftungsfest. Ganz Eppstein nahm an dieser Geburtstagsfeier teil. Neben einem guten Überschuß aus den Einnahmen meldeten sich zahlreiche neue Mitglieder. Die Gemeinde stiftete Ausrüstungsgegenstände.
13. Juni 1932: Feuersirenen wurden auf besonders hohen Häusern unserer Stadt aufgestellt. Damals konnte noch niemand ahnen, welche verstärkte Wirkung der Beängstigung von ihnen zehn Jahre später ausgehen sollte, wenn Fliegeralarm gegeben wurde.
Schwere Jahre
Das Jahr 1933 war inzwischen Kalender geworden. Auch unsere Feuerwehr war plötzlich mehr verpflichtet als freiwillig bei ihrer Spritze und ihrem Schlauchwagen. Aus den praktischen Einsatzübungen entwickelten sich militärische Formbewegungen wie weiland 1849. Die Umschulungen der Bürger begannen. Sie wurden ausgerichtet und die Zeit ging vorüber mit parteipolitischen Kursen. Dann kam der 2. große Krieg des zwanzigsten Jahrhunderts. Es kam zu Umschichtungen und einer erneuten Revolution des Denkens und Handeins bis zum bitteren Ende. Viele junge und ältere Bürger Eppsteins wurden Soldaten. Eine große Anzahl von ihnen sollte niemals zurückkehren. Mit den Angriffen der Flieger auf unsere Städte erwuchsen den Daheimgebliebenen viele schwere Aufgaben und Pflichten bei Einsätzen in der Nachbarschaft bis nach Frankfurt am Main.
Männer besonderer Art
Am 26. Mai 1934 war der Elektromeister Heinrich Zentgraf Führer der Freiwilligen Feuerwehr geworden. Er und sein 2. Brandmeister August Fischer bekamen die ganze Härte des Krieges zu spüren. Mit viel Geschick und Führungskönnen hielten sie die handvoll freiwilliger Männer zusammen. Vor allem versuchten sie das Zusammengehörigkeitsgefühl in allen zu erhalten und damit den guten Geist unserer hiesigen Wehr. Viele der Damaligen kamen noch aus der Gründerzeit. Sie waren aus gleichem Holz geschnitzt wie ihre Führer. Ihr Einsatzwillen war ungebrochen, wenn auch die Kriegszeiten und der magere Kochtopf sie zeitweise resignieren lassen wollten.
August Fischer begann 1945, die verbliebenen Reste der Feuerwehr zu sammeln. Sein 2. Brandmeister wurde Konrad Gottschalk.
In der Generalversammlung am 6. Dezember 1952 wurde Robert Stein zum Ortsbrandmeister gewählt. Sein Stellvertreter wurde Emil Mauer, der aus einer Familie stammte, bei der es zum guten Ton gehörte, Feuerwehrmitglied zu sein.
Ungestüme Jugend
In den nun folgenden Jahren drängte die Jugend nach vorne. Sie war nüchtern und im Zeichen der Zeit freier. Ihr praktischer Sinn war auf den Erfolg gerichtet. Sie sah die vielen Möglichkeiten, die von der stürmischen Entwicklung der Technik hervor gebracht wurden. Diese Jugend wollte nicht zurückstehen, sie war nicht unhöflich, aber sie war ungeduldig. Sie suchte das Gespräch und die Diskussion mit dem Bürgermeister. Uralt hingegen war das Ziel ihrer Bemühungen: die Wehr besser auszurüsten. Die Älteren ließen sich mitreißen. Fester denn je war die Idee, die sie alle verband: die Kameradschaft.
Im Februar 1957 übergab Robert Stein sein Amt Heinz Niehaus. Jung und geistig flexibel begann er seine Arbeit mit Freude und Begeisterung. Intensiv widmete er sich dem Problem, neue Geräte zu erwerben.
Am 16. Mai 1958 gründete er die Schülerfeuerwehr. Bald hatten sich auch 20 Jungen von 10 bis 14 Jahren gemeldet. Gruppenführer dieser Nachwuchsschar wurde Peter Niehaus. Heute können wir schreiben, daß dieser Entschluß vorteilhaft gewesen war. Viele der ehemaligen Schüler sind nun sehr aktive Mitglieder geworden, die den Dienst ihrer Großväter und Väter mit Freude tun. Heinz Niehaus zur Seite stand der Zweite Brandmeister Bernhard Hoppe. Einsatzfroh und mit ungewöhnlichem Sinn für praktische Dinge begabt, machte er sich besonders verdient, als der 40. Geburtstag der Freiwilligen Feuerwehr Eppstein vorbereitet und gefeiert wurde.
In den Januartagen 1960 trat Heinz Niehaus aus gesundheitlichen Gründen zurück. Wieder übernahm Robert Stein die Führung. Heinz Schleicher, ein Feuerwehrmann mit Leib und Seele, wurde 2. Brandmeister.
Das 40. Jubiläum im Juli 1960 wird allen Eppsteinern noch in guter Erinnerung sein. Es wurde ein großer Erfolg und die Kasse stimmte so gut, daß aus dem Überschuß eine Motorspritze TS 8 angeschafft werden konnte.
Freude und Resignation
Ein lang gehegter Wunsch unserer Wehr ging am 1. Dezember 1962 in Erfüllung: Die Übergabe des Feuerwehrgerätehauses war der Höhepunkt des Jahres. Bürgermeister Christian Dorn hatte sich mit ganzer Kraft dafür eingesetzt, diesen Bau zu ermöglichen. Es war ein langer, dornenreicher Weg vom geplanten Spritzenhaus zum modernen Gerätehaus mit dem schönen Gemeinschaftsraum.
Heinz Niehaus übernahm 1964 wieder sein einmal innegehabtes Amt.
Will man über den zweiten Brandmeister Heinz Bender eine Charakteristik schreiben, so müßten alle Ideen, Dienst- und Pflichtauffassungen einer Wehr gekennzeichnet werden. Heinz Bender ist ein gutes Beispiel für alle. Aber immer wieder sind es auch die aktiven Mitglieder und die Männer der Altersabteilung, die zum Gelingen weiterer Erfolge beigetragen haben. Es darf auch nicht vergessen werden, daß das heimische Gewerbe, die Firma A.M. Ramp & Co., die Firma Stanniol- und Metallkapselfabrik und die Firma Maria Nöth mit ihren großzügigen Spenden manche Anschaffung ermöglichten. Die große Schar der fördernden Mitglieder trug darüber hinaus dazu bei, daß sich die Wehr noch manchen lang gehegten Wunsch erfüllen konnte. Brände und Unwetterkatastrophen füllten in diesen Jahren das Berichtsbuch der Wehr. Im Oktober 1965 brannte eine Wohnbaracke des Krankenhauses ab.
Am 10. Juni 1966 mußte ein Feuer in der Farben- und Lackfabrik AM. Ramp & Co. gelöscht werden.
Vom 17. bis 23. Juni 1966 überschwemmten große Wassermassen unsere Stadt in beängstigender Weise. Die Geschichte unserer Feuerwehr ist wie ein Barometer. Sie verzeichnet schöne und häßliche Tage. Sie zeigt Erfolge und Mißerfolge und schildert immer wieder Auseinandersetzungen um Anerkennung.
Es sei nur kurz erwähnt, daß unsere freiwilligen Feuerwehrmänner 1967 resignieren wollten. Im Vergleich zu den Nachbarwehren war ihre Ausrüstung technisch gesehen nicht mehr zeitgemäß. Das auf dem Heinzberg geschaffene Neubaugebiet kam hinzu. Der Brandschutz war am Rande seiner Leistungsfähigkeit. Der Magistrat löste das Problem mit der Anschaffung eines Feuerlöschfahrzeuges (LF 8), das am 30. März 1968 übergeben wurde.